Wie grün ist die grüne BahnCard?

Die Deutsche Bahn macht zurzeit Werbung damit, dass Inhaber einer BahnCard seit 1. April im Fernverkehr zu 100 Prozent mit Ökostrom fahren. Auch ich habe seit vergangener Woche eine solche grüne BahnCard, doch meine Begeisterung für diese „Greencard“ hält sich in Grenzen. Klar, die Bahn ist eindeutig eines der umweltfreundlichsten Verkehrsmittel in Deutschland, und die grüne BahnCard verbessert die Öko-Bilanz des Unternehmens weiter. Aber wesentlich grüner ist die Bahn durch die grüne BahnCard nicht geworden.

Ökostrom nur mit BahnCard im Fernverkehr

Das liegt zum einen daran, dass der Ökostrom nur für BahnCard-Kunden bereitgestellt wird, die innerhalb Deutschlands mit einem Intercity-Express (ICE), einem Intercity/Eurocity (IC/EC) oder einem City Night Line-Zug (CNL) fahren. Der Anteil von Ökostrom am Stromverbrauch der Bahn liegt nur bei rund einem Viertel. Reisende ohne BahnCard, die mit einem ICE, IC/EC oder CNL fahren, sowie alle Reisenden in Regionalzügen der Bahn fahren weiterhin mit Atom- und Kohlestrom. Entsprechend liegt der Anteil von Atom-, Erdgas- und Kohlestrom immer noch bei rund 75 Prozent.

Mehrzahl der Reisenden im Regionalverkehr

Die Deutsche Bahn betont, dass jetzt drei Viertel aller Fahrten im Fernverkehr mit Ökostrom gemacht würden. Hierbei muss man aber auch bedenken, dass der überwiegende Teil der Bahnreisenden im Regionalverkehr unterwegs ist. So hatte die Bahn vergangenes Jahr im Fernverkehr gut 131 Millionen Fahrgäste, im Schienen-Regionalverkehr waren es dagegen knapp 1,9 Milliarden – also gut 14-mal so viel. Die allermeisten Bahnreisenden fahren also weiterhin nicht mit Ökostrom.

Ökostrom für Dieselloks?

Bei diesen Überlegungen muss man nach meiner Meinung auch berücksichtigen, dass viele Strecken der Bahn noch gar nicht elektrifiziert sind. Wenn eine Diesellok die Waggons zieht, kommt auch der grünste Ökostrom wortwörtlich nicht zum Zuge. Das betrifft in Einzelfällen sogar IC/EC-Verbindungen, wie beispielsweise die Strecke nach Westerland auf Sylt, die ab Itzehoe nicht elektrifiziert ist. Dies macht deutlich, dass der ökologische Umbau der Bahn mit der Umstellung auf Ökostrom erst beginnt. Die Ablösung von Treibstoffen auf Erdölbasis durch nachhaltige Energiequellen ist eine Herkulesaufgabe – übrigens nicht nur bei der Bahn, sondern vor allem im Straßenverkehr.

Ökostrom aus alten Wasserkraftwerken

Nach Angaben der Deutschen Bahn stammt der Ökostrom für die grüne BahnCard vor allem aus Wasserkraftwerken. Dabei dürfte es sich überwiegend um ältere Kraftwerke handeln, weil kaum noch neue Wasserkraftwerke gebaut werden. Der Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung in Deutschland stagniert bei drei bis vier Prozent. Der Ökostrom-Boom wird vor allem durch Biogas, Sonnenenergie und Windkraft getragen, die inzwischen rund zwanzig Prozent des Stroms liefern. Die Bahn betont zwar, dass sie einen Teil ihrer Einnahmen in die Förderung erneuerbarer Energien steckt – mit ihrem Wasserkraftstrom trägt sie aber nicht zur Energiewende bei.

Bahn trotzdem bevorzugtes Verkehrsmittel

Auch wenn die Deutsche Bahn durch die grüne BahnCard nicht wesentlich grüner geworden ist, bleibt sie für mich ein bevorzugtes Verkehrsmittel. Deshalb werden wir auch in diesem Jahr mit der Bahn in den Urlaub fahren. Im Vergleich zum Auto ist die Bahn nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch preiswerter. Die Vorteile des Autos gegenüber der Bahn liegen nicht bei den Kosten, sondern bei Bequemlichkeit und Flexibilität. Doch wenn ich gelegentlich mal eines brauche, leihe ich mir ein Auto beim Carsharing.

Lesen Sie dazu mehr: Ist Bahnfahren nicht zu teuer?

Internetseite zu BahnCard und BahnBonus:
Deutsche Bahn AG: http://www.bahn.de/